Ich war in meinem Leben dreimal schwanger. Ich habe also viele Erfahrungen mit dem Thema gesammelt und sehr verschiedene Schwangerschaften erlebt.
Schwangerschaft wird in der Öffentlichkeit immer als etwas Wunderbares dargestellt. Eine sehr besondere Zeit, die man bewusst und in freudiger Erwartung erlebt. Irgendwie ist in Werbungen und Artikel immer alles langsam und ruhig und bedächtig. Genau so habe ich mir das ganze vorgestellt.
Meine erste Schwangerschaft war im Vergleich zu den anderen auch noch relativ erträglich für mich. Alles war neu und aufregend, was mich etwas von den Herausforderungen ablenkte.
Bei meinem zweiten Kind, war ich nun schon deutlich älter und auch nicht mehr so abgelenkt vom neuen, dazu kam natürlich auch, dass es durch mein erstes Kind keine Pausen zwischendurch gab.
Ich möchte euch in den Slides von meinen ganz persönlichen Erfahrungen als neurodivergente Frau in Bezug auf Schwangerschaft und Geburt erzählen. Das muss nicht für jeden so sein, wie für mich, aber ich finde es unglaublich wichtig, dass wir auch über dieses Thema sprechen, denn bisher habe ich es noch nirgendwo gelesen.
Zum positiven kann ich sagen, dass ich das Gefühl liebe, dass da ein kleines Leben in mir wächst. Das war für mich immer der rettende Gedanke. Aber da ist auch noch die andere Seite, die ich zu einem großen Teil meiner Neurodivergenz zuschreibe.
Manchmal hatte ich ein richtiges Panikgefühl, weil ich das Gefühl hatte keine Wahl mehr zu haben. Das Baby war nun in meinem Bauch und es gab kein Zurück mehr. Diese Angst ist sicher teilweise normal, aber die Intensität war teilweise wirklich stark. Keine Entscheidungsgewalt zu haben, ist für mich generell sehr herausfordernd.
Die zunehmenden Symptome wie Luftnot, Schmerzen, Verdauungsproblematiken und Übelkeit machten mir immer schwer zu schaffen. Auch die immer weniger vorhandene Bewegungsfähigkeit machte mir Schwierigkeiten. Ich fühlte mich so unglaublich fremdbestimmt und in der späteren Schwangerschaft auch zunehmend hilflos.
Ich bin generell ein sehr gefühlsintensiver Mensch, aber die Schwangerschaft brachte mich in einen emotionalen Zustand, den ich kaum aushalten konnte. Ich war natürlich nicht nur unglücklich und verängstigt, aber diese Emotionen, waren noch viel stärker als vorher schon. Die Welt war schwarz-weiß für mich.
Ich habe auch bei jedem der Kinder eine ganze Zeit lang gebraucht, um mich an den Gedanken zu gewöhnen jetzt (wieder) schwanger zu sein. Die Bindung und Freude auf das Kind entwickelte sich langsam innerhalb der Monate. Bei unserem mittleren Kind haben wir sehr lange gebraucht, bis ich schwanger war. Er war wohl am sehnlichen erwartet, weil es ebenso lange dauerte, aber auch dort brauchte es sehr lange, bis ich mich wirklich daran gewöhnte. Ein richtiger Umbruch begann meist erst, als die Kinder angefangen haben, sich merklich zu bewegen. Dann realisierte ich, dass sie da waren.
Eines der schwierigsten Dinge war wohl meine extreme körperliche Hypersensibilität. Ich merke wirklich jede kleinste Veränderung in meinem Körper und bin auch schnell besorgt, ob das, was ich fühle normal ist. Das war während der Schwangerschaft natürlich noch viel extremer, weil dort viele ganz neue Körperempfindungen dazu kommen.
Ein großes Thema war auch die Angst vor der Geburt. Aufgrund von Schäden, die ich durch meine MS habe, wusste ich, dass all meine Kinder per Kaiserschnitt zur Welt kommen. Das war Fluch und Segen gleichzeitig für mich. Es war absehbar. Absehbar, wann das Kind zur Welt kommen wird und auch, wie meine Geburt verläuft.
Es machte mich einerseits schon traurig, niemals eine natürliche Geburt erleben zu können, aber andererseits hatte ich auch Angst, dass ich bei einer natürlichen Geburt massiven Kontrollverlust durch das Eingreifen anderer erleiden würde. Ich hätte nicht einfach abhauen können, wenn ich an eine furchtbare Hebamme geraten wäre.
Man könnte sagen, dass dies bei einer OP ja auch so sein könnte, aber eine OP war für mich berechenbarer. Ich würde operiert werden, kenne den Ablauf und brauche danach nur noch warten, bis die PDA aufhört.
Ich weiß, dass einige, dass komplett andersrum sehen, aber so fühlte es sich für mich an und eine Wahl hätte ich am Ende sowieso nicht gehabt.
Nach jeder meiner Geburten hatte ich massive Probleme wegen des Hormonabfalles. Kein Meltdown, kein Zusammenbruch war so intensiv, wie die Zeit nach der Geburt. Ich war froh, dass ich bei den beiden kleinen zumindest meinen Mann als Stütze dabei hatte, wobei das beim letzten Kind durch die Infektionsschutzmaßnahmen etwas begrenzt war.
Krankenhausaufenthalte sind für mich sehr schwer auszuhalten. Ich schlafe nicht gerne außerhalb meines Zuhauses. Ich merke richtig, wie es nach spätestens 2 Nächten wirklich kritisch für mich war, deswegen ging ich jedes Mal nach 2 Nächten wieder nach Hause.
Ich liebe Babys wirklich sehr und für mich gibt es kaum etwas Schöneres als die erste Zeit mit einem Neugeborenen, aber ich muss wirklich sagen, dass schwanger zu sein, für mich definitiv zu den Grenzmomenten des aushaltbaren gehört.